Der Anfang und die Wurzeln

Mitte der 60er Jahre gab es ca. 4000 aktive Basketballspieler/innen in ca. 100 Vereinen. Die Nationalmannschaften der Damen und Herren versuchten den Anschluss an das europäische Spitzenniveau (Herren 1963 6.Platz / Damen 1964  6. Platz) herzustellen. In der Regel begannen die Mädchen und Jungen mit 13/14 Jahren Basketball zu spielen. Sollten die ehrgeizigen Ziele erreicht werden, mussten die Kinder früher mit dem Training beginnen. Sie mussten die Technik im "besten motorischen Lernalter“ vermittelt bekommen. Den Trainern/innen war bewusst, dass das Spiel nicht unverändert (zu hoher Korb, zu schwere Bälle) für die anvisierte Altersgruppe, 8 bis 12 Jährige, geeignet war. Angeregt durch Verantwortliche aus Halle (Leo Hübner, Gerhard Franke, Georg Brock, Gerhard Heinecke) wurden drei Quellen geprüft (Literaturstudium und Kontaktaufnahme)

 

Little Guys Basketball (LGB) – 1956 entstanden – initiiert durch Donald C. Skrinar aus Highwood (Illinois), Lehrer im Lake Forest College und im Kriege Organisator der US- Armee-Basketball-Meisterschaften, arbeitete mit R. Jones zusammen -  wird 1964 in USA, Kanada, Mexiko und Puerto Rico gespielt – auf Jungen orientiert.

 

Biddy Basketball – urheberrechtlich eingetragen 10.05.1951 – entwickelt von Jay Archer aus Scranton (Pennsylvania)- verbreitet (teilweise vom US-Aussenministerium gefördert) in Burma, Teiwan, Venezuela, Chile, Uruguay, Puerto Rico, El Salvador, Kanada, Peru, Singapur, Australien und Spanien-in Spanien waren Vincente Zanon und Anselmo Lopez-Martin die Initiatoren

 

Minibasketball(?) in Spanien mit dem Hesperia-Club-Nationale – ab 1965(?)- Dieser Club arbeitete eng mit der spanischen Basketball-Förderation zusammen- das Ziel dieser Bewegung war, Basketball in der Bevölkerung bekannt zu machen und allen Altersklassen zu erschliessen- die Spanier hatten sehr schnell großen Erfolg.

Alle drei Bewegungen hatten folgende Gemeinsamkeiten:

  • das Basketballspiel für Kinder von 8-12 Jahren erlernbar zu gestalten
  • Jugendorganisationen, soziale und kirchliche Einrichtungen usw. zur Verbreitung zu nutzen
  • mit dem Spiel erzieherische Werte zu vermitteln

Die Mittel dazu wurden in Materialen und Regeln angelegt. Es wurde mit niedrigeren Körben und leichteren und kleineren Bällen gespielt. Eine Mindestspielzeit für den Einzelspieler von mindestens 5- 7 Minuten wurde vorgesehen. Die Spielregeln wurden in unterschiedlichem Maße vereinfacht. Anfänglich wurden teilweise Maximalgrössen der Spieler vorgeschrieben (USA).

 

Die Anfänge in Halle

Bereits vor der Publikation der internationalen Recherchen  hatte umtriebige Lehrer und Übungsleiter in Halle versucht, Basketball der Altersgruppe 8-12 zu erschliessen. Gisela Bobach führt 1965, anlässlich eines Herrenländerspiels DDR- Italien in Dessau, Basketball  mit 10-12 jährigen Kindern der Glauchaschule Halle auf einem Freigelände als Stationsbetrieb vor. Selbstverständlich wurde in den Schulen auf Klassenbasis mit kleineren Bällen (Fußbällen) mit den Kindern der 4. bis 6. Klassen gespielt. Es hat sicherlich auch erste Versuche in anderen Orten (Lauchhammer) gegeben. In Halle spielten

 

1966 Stadtspartakiade: 7 Teams
1966/67 Kreismeisterschaft: 3. Klasse -7, 4. Klasse -14, 5. Klasse – 12 Teams
1967 Stadtspartakiade: 35 Teams
1967 Int. Weineck-Turnier: 5.Klasse – 15 Teams
1967 Bezirkspokal: 4.Klasse – 18 Teams
1967 Pionierpokal DDR – 4.Klasse – 33 Teams

 

Der grosse Durchbruch

Sollte generell ein früherer Trainingsbeginn erreicht werden, konnten die Initiativen Einzelner nicht genügen. Basketball musste als erster Schritt Einzug in den ausserschulischen Sport an den Schulen halten. Geeignete Zusatzgeräte und Minibasketbälle musste die Industrie zur Verfügung stellen und ein spezifisches Regelwerk musste geschaffen werden. Die Initiatoren versuchten das Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport, das Ministerium für Volksbildung und die Jugendbewegung mit ins Boot zu bekommen. Aus Amerika, aber auch aus der Sowjetunion war bekannt, dass Topathleten anderer Sportarten als Ergänzung auch Basketball spielten. Im Basketball für Kinder wurde der spielerische Einstieg für Kinder ins sportliche Training gesehen unabhängig davon, für welche Sportart die Kinder sich später entschieden. Letzteres war ein entscheidendes Argument die Unterstützung im DTSB zu erhalten. In der Gründungsphase war zeitweilig der Leichtathletikverband der DDR mit vertreten. Zu den Initiatoren des Minibasketball in der DDR sind u.a. Leo Hübner, Gerhard Franke, Eberhard Herrmann, Gerhard Heinecke (alle Halle), Dr. Endert (Potsdam) zu zählen.

Da es für eine junge Sportart vermessen gewesen wäre, sofort die Aufnahme in den Lehrplan zu fordern, galten die Bemühungen der Aufnahme in den außerschulischen Sportteil der Ganztagsschule. Träger der außerschulischen Arbeit war u.a. die Kinderorganisation „Junge Pioniere“. Unter diesem Gesichtspunkt wurde der Name „Jungpionier-Basketball“ für das spezifische Spiel der 8- 12jährigen gewählt. Innerhalb weniger Monate entstand ein Regelwerk für Jungpionier-Basketball.

Ein Handwerker aus Halle, Herr Lieb, entwickelte ein Basketballstandgerät mit niedrigerer Korbhöhe und ein tragbares Gerät, an die Originalbasketballanlage zu hängen. Für das Spiel wurde ein kleinerer, leichterer schwarz- weißer Plasteball produziert. Es gibt für „Jungpionier-Basketball“ ein Übungsleiterausbildungsprogramm (20 Std), ein Schiedsrichterausbildungsprogramm (10 Std.) und ein Kampfrichterausbildungsprogramm (4 Std.). Ein hallescher Komponist komponiert ein Jungpionier-Basketball- Lied. Die Wettkämpfe sind eine Kombination aus Einzelwettbewerben (Technik, Athletik) und Spiel.

Den Spielbetrieb, die Ausbildung , die Geräteentwicklung leitet die Jungpionier-Basketball-Kommission. Letztere wurde am 21.10.1966 aus der Taufe gehoben.

In den Materialien des DBV werden Minibasketballanfänge in der Sowjetunion, Bulgarien, Rumänien und der CSSR erwähnt. Es gibt in diesen Ländern zu dieser Zeit aber noch keine Organisation. Ein Gespräch von Gunther Schmidt (Halle) mit Ali Strunke (Generalsekretär des Basketball Verbandes Schwedens) ergibt: In Schweden wird Minibasketball seit ca. 1965 vorrangig von Jungen im Alter von 10-12 Jahren gespielt. In Dänemark hat sich Minibasketball ab1966 , dank einer intensiven Fernsehwerbung, gut entwickelt. Aus Finnland sind Anfänge bekannt. Es ist unbekannt , ob in Norwegen und Island Minibasketball gespielt wird.

Am 07.06.1968 beschließt das Büro des Präsidiums des DBV und am 08.06.66 das Präsidium die Umbenennung des Jungpionier- Basketball in Minibasketball gemäß den internationalen Gepflogenheiten. Am 20.09.1968 beschliesst das Büro des Präsidiums des DBV die Bildung einer Kommission für Minibasketball. In vorherigen Absprachen mit dem Ministerium für Volksbildung, dem Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport und der Abteilung Massensport im DTSB werden folgende Forderungen formuliert:

Unterstützung aller drei Ebenen bei der Popularisierung und Verbreitung, Organisation des industriellen Gerätebaus und der Ballherstellung, Einbau von Basketballgeräten bei allen Schulneubauten und Nachrüstung der bestehenden Schulen, hauptamtliche Organisatoren und eine Werbeaktion. Im Rahmen der Pionierpokalspiele im Dezember 1968 fanden Gespräche mit der Kinder- Organisation statt. Unterstützend werden Demonstrationswettbewerbe der Klassen 3 bis 5 ausgetragen. Vorbereitende Arbeit für die Gespräche leistete Eine Minibasketballkonferenz der DDR am 14.12.1968 in Halle.

Als Mitglieder für das „Minibasketball-Komitee der DDR“ sind vorgesehen:

Vertreter des Ministerium für Volksbildung, Vertreter der Jugendorganisation, Vertreter des Bundesvorstandes des DTSB (Massensport), Vertreter des Leichtathletikverbandes, Vertreter der Forschungsstelle der DHfK, vom DBV:
Gerhard Franke (Vorsitzender), Eberhard Herrmann (Stellvertreter), Klaus Stöber (Ausbildung), Gerhard Heinecke (Schieds- und Kampfrichter), Dietrich Strech (Wettkämpfe), Dr. Endert (Lehrpläne), Dr. Gisela Pelzl (Ärztin), Hans Oeftger (Presse), Adolph (Fernsehen). 1972 veröffentlichte Gerhard Franke ein “Ausbildungsprogramm für Übungsleiter im Minibasketball“. Das Programm basiert auf den Materialien, die Gerhard Franke 1968 für das C.I.M. erarbeitete. Im Ausbildungsprogramm des DBV für Spieler sind die Minibasketball- Altersklassen mit erfasst. (siehe z.B. Teil Taktik (G. Schmidt)). Im DBV wurde Minibasketball nach den Regeln, Empfehlungen und Vorstellungen des C.I.M betrieben.

Als Wettkampfstruktur wurde geplant:

1. Klasse – Schulbasis – Laufspiele, Dribbelstaffeln, Zuspielwettbewerbe
2. Klasse – Schul-/Ortsbasis – wie 1. Klasse
3./4. Klasse – Schule/Ort/Kreis – Technik- + LA- Wettkämpfe und Basketball
5. Klasse – Schule und landesweit- Basis – wie 3./4. Klasse

Die Entwicklung im Minibasketball verlief 1969 sehr gut und wurde 1969/70 ein Opfer des Politbürobeschlusses der SED zum Leistungssport. Ab Ende der 70er Jahre und in den 80er Jahren war wieder eine befriedigende Entwicklung der Breite zu verzeichnen. Die Fortschritte wurden jedoch durch mangelnde Trainingszeiten (Basketball erhielt keinen Trainingszentrumsstatus), fehlendes Sportmaterial und Ausschluss aus der Talentsichtung begrenzt.

 

Minibasketball im DBV - international

Am 27.12.1967 berät in Madrid eine Expertengruppe der FIBA über Minibasketball. An der Beratung nehmen teil: R. W. Jones (Gen. Sekr. FIBA), Koslowsky (Vors. Jun. Kom. FIBA), A. Lopez (Präs. Span. BV), S. Kaizaminas (Mgd. BV der SU), R. Busnel (Vors.Tech. Kom. FIBA, Präs. Franz. BV), J. Doskocil (Gen.Sek. BV CSSR), Puntoni (Präs. MB It.), Coccia (Präs. It. BV), G. Franke (Vertreter DBV der DDR). Es werden u. a. Organisationsformen, Minibasketballregeln diskutiert. Gerhard Franke und Jiri Doskocil erhalten den Auftrag, ein Übungsleiter-, Schiedsrichter- und Kampfrichterausbildungsprogramm auszuarbeiten. Die transportablen und zusammenklappbaren Leichtmetall-Minibasketballgeräte aus Halle verzeichnen grosse Aufmerksamkeit. Am 13./14.03.1968 arbeiten in Halle (Saale) J. Doskocil, G. Franke, B. Deltow, R. Carlowitz und E. Herrmann die Ausbildungsprogramme aus. Sie werden am 19.06.1968 in Ischia (Italien) von der Expertengruppe ohne Änderungen angenommen und 8.8.1968 in Vigo bestätigt. Sie sollen in Englisch, Französisch und Deutsch durch die FIBA veröffentlicht werden. Die Expertengruppe schlägt vor, beim FIBA-Kongress in Mexiko am 10./11.10.1968 die Bildung  eines internationalen Minibasketball-Komitees (C.I.M.) zu beschliessen.

Am 25.12.1968 findet in Madrid eine inoffizielle Beratung des Exekutiv-Komitees Minibasketball statt. Die Weltverbände Turnen, Schwimmen und Leichtathletik lehnen einen Sitz im C.I.M. ab. Es wird bestätigt, im C.I.M. mit 20 Mitgliedern zu arbeiten. Eine weitere C.I.M.- Tagung wird am 27.06.1969 in Alexandria (Ägp) durchgeführt. Die Minibasketballregeln wurden in Spanisch (20 000), Französisch (5000) und Englisch veröffentlicht. Busnel wird ein Buch zu Sinn, Regeln, Betreuer, Schiedsrichter, Leiter, Erzieher usw. im Minibasketball schreiben. Das Ausbildungsprogramm für Trainer, Schieds-und Kampfrichter von Gerhard Franke wird in diese Buch eingehen. Das C.I.M. beschließt folgende Kommissionen zu bilden:

Technikkommission – Leitung: R. Busnel
Organisationskommission: C. Coccia
Frauenkommission: G. Franke
Kom. für technische Hilfe: J. Doskocil
Finanzkommission: P. Damiani
Das C.I.M. plant die Aufgaben für den Zeitraum 1968 – 1972.

Projekte sind:

Broschüren, Filme, Propaganda, Reisen nach Südamerika, Lehrgänge in Europa und Afrika 1970 , sowie Südamerika 1971. Gerhard Franke (Halle) erhält in Folge der Leistungssportbeschlüsse 1969 in der DDR keine Möglichkeit mehr, seine Arbeit im internationalen Minibasketball-Komitee fortzusetzen.

 

 

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